PeBeM und Digitalisierung
Warum Kommunikationssysteme jetzt strategisch werden
Das neue Personalbemessungsverfahren (PeBeM) bringt Bewegung in die stationäre Pflege – und verändert den Blick auf Prozesse, Zuständigkeiten und Effizienz. Neben Fragen zur Personalausstattung rücken nun auch die strukturellen Voraussetzungen in den Fokus, die eine gute Pflege überhaupt erst ermöglichen. Besonders betont werden dabei auch notwendige Organisationsentwicklungsprozesse und die unterstützende Rolle digitaler Technologien – wie der GKV-Spitzenverband in seinem Modellprogramm zur Umsetzung von §8 Abs. 3b SGB XI festhält (Quelle).
Ein oft unterschätzter Hebel dabei: die Kommunikationsprozesse im Haus. Denn Pflege ist Teamarbeit – und Teamarbeit braucht verlässliche, sichere und moderne Kommunikationswege. Wer hier digital aufrüstet, verschafft Pflegekräften nicht nur mehr Übersicht, sondern vor allem mehr Zeit für Menschen.
Der Beitrag zeigt, warum Kommunikationslösungen in Zeiten von PeBeM strategisch mitgedacht werden müssen – und welche Weichen jetzt gestellt werden sollten.
Kommunikation neu denken – das digitale Netz in der Pflege
Die zentrale Frage, die sich künftig alle Betreiber von Pflegeeinrichtungen stellen müssen, lautet nicht:
„Wie ersetzen wir Fachkräfte durch Technik?“
Sondern vielmehr:
„Wie sichern wir die Versorgung – auch dann, wenn Fachkräfte fehlen?“
Denn eines ist klar: Der Mangel an qualifiziertem Personal wird uns noch viele Jahre begleiten. Statt in alte Denkmuster zu verfallen, braucht es jetzt zukunftsorientierte Antworten – und einen klaren Blick auf das, was Digitalisierung wirklich leisten kann: nicht ersetzen, sondern unterstützen.
Ein oft unterschätzter Hebel dabei ist die Kommunikation im Pflegealltag. Wo Abläufe haken, Informationen fehlen oder falsch weitergeleitet werden, leidet nicht nur die Effizienz – sondern auch die Sicherheit. Gleichzeitig gilt: Gute Kommunikation ist der Schlüssel für gute Pflege.
Moderne Systeme setzen genau hier an: Sie schaffen ein digitales Netz, das Informationen intelligent verteilt, Personal entlastet und für mehr Übersicht sorgt – selbst in hochkomplexen Pflegesituationen.
Wo klassische Systeme an Grenzen stoßen
Traditionelle Rufsysteme stellen den Menschen in den Mittelpunkt der Kommunikation:
Bewohner oder Patienten lösen aktiv einen Ruf aus, Pflegekräfte werden über Lichtsignale informiert – oder, je nach Ausstattung, ergänzend über mobile Geräte wie DECT-Telefone mit Anzeige- oder Sprachfunktion.
Dieser Ansatz basiert auf einer Reihe von Voraussetzungen:
- Der Hilfebedarf wird vom Bewohner selbstständig erkannt.
- Die Ruftechnik wird zielgerichtet genutzt (keine „Dauerklingler“).
- Das Personal erkennt und bewertet den Ruf korrekt.
- Zeit und Ruhe für eine Rückmeldung sind vorhanden.
- Eine Sprechverbindung ist technisch verfügbar – und beide Seiten verfügen über ausreichende Sprachkompetenz.
In der Praxis ist das jedoch nicht immer gegeben. Gerade bei kognitiven Einschränkungen, Sprachbarrieren oder hoher Auslastung stößt dieses Modell an Grenzen – mit Folgen für Sicherheit und Versorgungskontinuität.
Sensorik & Assistenzsysteme: Vom Reagieren zum Erkennen
Moderne Sensorik hält zunehmend Einzug in Pflegeeinrichtungen – vor allem in Bereichen wie Sturzprävention, Dekubitusvermeidung oder Laufwegsicherung. Der Paradigmenwechsel ist dabei klar: Weg vom bloßen Reagieren auf Notrufe – hin zum frühzeitigen Erkennen von Risiken.
Systeme wie 3D-Kameras, Bewegungssensoren oder KI-gestützte Analyseplattformen können kritische Situationen automatisiert identifizieren und ans Pflegepersonal melden. Das verspricht mehr Sicherheit für die Bewohner – und theoretisch eine Entlastung für das Team.
Doch die Praxis ist komplexer. Denn jede neue Information braucht auch eine Bewertung.
In vielen Einrichtungen fehlt es noch an Erfahrungen:
- Welche Meldungen sind wirklich relevant?
- Wie vermeiden wir eine Informationsflut?
- Und wer entscheidet, welche Reaktion wann erforderlich ist?
Bislang übernehmen Pflegekräfte diese Qualifizierung meist selbst – was nicht nur zusätzliche Zeit, sondern auch kognitive Ressourcen kostet. Statt echter Entlastung droht dann im schlimmsten Fall ein Mehraufwand.
Hinzu kommt: Die Koordination des Personaleinsatzes wird komplexer. Wenn Sensoren Ereignisse melden, bedeutet das nicht automatisch, dass eine Pflegefachkraft reagieren muss. Vielmehr geht es künftig verstärkt darum, geeignete Aufgaben delegieren zu können – situativ, kompetenzorientiert und dokumentiert. Auch das ist organisatorisch anspruchsvoll.
Fazit:
Sensorik ist kein Allheilmittel – aber ein strategisches Werkzeug, wenn sie intelligent eingebunden wird. Entscheidend ist die Entwicklung von Assistenzsystemen, die nicht nur melden, sondern auch priorisieren, kontextualisieren und Handlungsvorschläge unterbreiten. Damit Digitalisierung wirklich entlastet – und nicht einfach nur mehr Arbeit macht.
Kommunikationssysteme strategisch denken – was jetzt zählt
Mit dem neuen Personalbemessungsverfahren (PeBeM) beginnt eine Phase, in der Pflegeprozesse stärker strukturiert und aufgabengerecht organisiert werden müssen. Es geht nicht mehr nur darum, ob ausreichend Personal vorhanden ist – sondern wie vorhandene Ressourcen effizient und zielgerichtet eingesetzt werden können. Kommunikation wird dabei zur Schlüsselfunktion: Wer welche Information wann erhält, entscheidet über Qualität, Tempo und Sicherheit der Versorgung.
Gleichzeitig entstehen durch digitale Technologien neue Möglichkeiten, Informationen zu erfassen, zu bewerten und weiterzuleiten – nicht nur durch Menschen, sondern zunehmend auch durch Systeme. Sensorik, Spracherkennung, KI-gestützte Analyse: All das ist kein Zukunftsszenario mehr, sondern Realität – wenn auch noch in Entwicklung. Und genau das ist der entscheidende Punkt:
Wer heute in Kommunikationssysteme investiert, entscheidet über die Handlungsfähigkeit von morgen.
Dabei geht es längst nicht mehr nur um klassische Rufanlagen oder mobile Endgeräte – sondern um die Fähigkeit, sich in ein digitales Ökosystem einzubinden, das flexibel, skalierbar und zukunftsoffen ist.
Die Frage ist daher nicht nur:
- Wie lässt sich der aktuelle Bedarf abbilden?
Sondern vielmehr:
- Was muss ich heute berücksichtigen, damit meine Systeme morgen noch anschlussfähig sind?
- Wie schaffe ich eine Infrastruktur, die mitwächst – technologisch, organisatorisch und personell?
- Und wie kann ich meine Einrichtungen auf ein Szenario vorbereiten, in dem KI-basierte Assistenzen, automatische Priorisierungen und intelligente Kommunikation zum Alltag gehören könnten?
Worauf es jetzt ankommt
Die Einführung des PeBeM verändert nicht nur, wie Pflegepersonal geplant wird, sondern auch, wie Prozesse künftig gestaltet sein müssen, damit die neue Personalstruktur überhaupt funktionieren kann. Denn klar ist: Fachkräfte stehen nur begrenzt zur Verfügung – und selbst mit Assistenz- und Hilfskräften in der richtigen Quote bleibt der Alltag anspruchsvoll.
Viele Trägerorganisationen schauen derzeit auf die Politik. Sie hoffen auf Fördermittel, auf klare Rahmenbedingungen, auf mehr Planungssicherheit. Gleichzeitig wächst die Sorge, dass Kostenträger perspektivisch Budgets kürzen könnten – mit dem Verweis darauf, dass Technik ja einen Teil der Arbeit kompensieren könne.
Aber genau hier ist ein Perspektivwechsel gefragt:
Kommunikationssysteme sind keine Kostenfaktoren. Sie sind Strukturgeber.
Sie schaffen Übersicht, steuern Informationen bedarfsgerecht und ermöglichen es überhaupt erst, dass Teams mit unterschiedlicher Qualifikation effizient zusammenarbeiten. Wer Prozesse nicht gut koordiniert, wird Personal verlieren – nicht nur Zeit, sondern auch Motivation.
Was jetzt auf die Agenda gehört:
- Systeme planen, die teamorientiertes Arbeiten unterstützen
– nicht nur einfache Rufweiterleitungen, sondern intelligente Informationsflüsse. - Technik wählen, die skalierbar ist
– damit später auch Sensorik, KI, Sprachassistenz oder mobile Dokumentation integriert werden kann. - Investitionen so vorbereiten, dass Förderfähigkeit und Nachhaltigkeit gesichert sind
– compliancekonform, interoperabel und zukunftsfähig. - Kommunikation als Querschnittsthema denken
– zwischen Pflege, IT, Bau, Einkauf, QM, Schulung – statt als isoliertes Technikprojekt.
Fazit: Kommunikation wird zum strategischen Erfolgsfaktor
PeBeM, Fachkräftemangel und digitale Transformation – die Anforderungen an Pflegeeinrichtungen wachsen. Wer heute in Kommunikation investiert, investiert nicht nur in Technik, sondern in Struktur, Versorgungssicherheit und Mitarbeiterbindung.
Moderne Systeme helfen, Personal effizienter einzusetzen, Prozesse zu entlasten und Pflege menschlicher zu gestalten – gerade dann, wenn Fachkräfte fehlen.
Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um Kommunikation neu zu denken.